Mittlerer Osten Saudi-Arabien

Rettungsaktion Ramon – die Rückholung aus Saudi-Arabien, Teil 1

Rückholung aus Saudi-Arabien, wie bekommen wir unser Auto nach Hause

Wie bekommen wir unser Auto aus Saudi-Arabien zurück, ohne selbst ins Land zu dürfen?

Fast zwei Jahre sind seit unserem letzten Reisebericht COVID-19: Das (vorläufige) Ende der Reise vergangen. Lange ist nichts passiert, noch länger haben wir gekämpft, um unser Auto zurückzubekommen.

Was war geschehen?

Nachdem die Corona-Pandemie globales Ausmaß angenommen hatte und nicht abzusehen war, dass die Eindämmungsmaßnahmen bald beendet sein würden, entschieden wir, unsere Reise – vorläufig, wie wir dachten – abzubrechen. Wir haben unser Reisefahrzeug in Saudi-Arabien stehenlassen und sind selbst nach Deutschland zurückgekehrt.

Abschied in Saudi-Arabien: unser Auto bleibt, wir fliegen nach Hause.
Abschied in Saudi-Arabien: unser Auto bleibt, wir fliegen nach Hause.

Im April 2020, während der zweiwöchigen Quarantäne in einem Wohnmobil in einer Kasseler Industriehalle, schrieb ich den folgenden letzten Absatz des oben verlinkten Reiseberichts:

Und wie geht es jetzt weiter? Wir wissen es nicht. Aber wir rechnen damit, dass Saudi-Arabien die Grenzen bis nach der Haddsch, die am 2. August endet, geschlossen halten wird. Heimlich hoffen wir, dass bis November einige Grenzen wieder passierbar sind und wir dann zurückkommen und noch ein wenig weiterreisen können. Wohin oder welche Route steht in den Sternen.

Es sollte anders kommen, wie wir jetzt alle wissen. Die Grenzen blieben geschlossen und im ausgehenden Herbst 2020 begruben wir endgültig alle Hoffnungen auf eine Weiterreise. Wir hatten bis auf ein paar Kleidungsstücke unser gesamtes Hab und Gut eingelagert gelassen und lebten in einer zeitlich befristeten Untermiete, um möglichst schnell und flexibel auf jede Änderung reagieren zu können. Nur änderte sich nichts. Und so beschlossen wir zähneknirschend, wieder sesshaft zu werden. Ich suchte nach einer Anstellung und wurde fündig, wir bezogen eine Wohnung, lösten unsere Einlagerung auf. Der Alltag hielt Einzug und die ganze Zeit stand unser Auto in Saudi-Arabien. Was zu einem sehr teuren Problem werden konnte.

Fahrzeug im Ausland = Import = Zollgebühr + Mehrwertsteuer

Warum das so ist, erschließt sich dem zolltechnisch unbefangenen Europäer, der offene Grenzen gewöhnt ist, nicht sofort. Dabei ist das Grundprinzip nichts anderes als beim Kauf eines Gegenstandes, der von außerhalb der europäischen Union kommt. Wird er nach Europa gebracht – also importiert – fallen Zollgebühren und Mehrwertsteuer an.

Und genau das passiert, wenn ich mit meinem Fahrzeug die Europäische Union, in die es als Neuwagen importiert wurde, verlasse. Bleibt es längere Zeit in einem außereuropäischen Land, muss es importiert werden, wobei Zölle und Steuern anfallen. Meist beträgt diese Zeitspanne zwischen drei und sechs Monaten, in Saudi-Arabien sind es drei. Wird der Verbleib im Land nicht rechtzeitig gemeldet, können zusätzlich Strafzölle verhängt werden. In einigen wenigen Ländern betragen die Zollgebühren beim Import eines Autos sogar über 100% des Neupreises. Ein berüchtigtes Beispiel dafür ist der Iran.

Das also war die Situation: unser Auto wurde von uns am 29.2.2020 nach Saudi-Arabien eingeführt und dabei vom saudischen Zoll erfasst. Es hätte am 29.5.2020 das Land wieder verlassen oder importiert werden müssen. Wobei ein Import gar nicht möglich gewesen wäre, denn die lokale Gesetzgebung erlaubt das nur für maximal fünf Jahre alte Fahrzeuge. Unser Ford Ranger ist jedoch aus dem Jahr 2011.

Bevor wir Ende April 2020 nach Hause geflogen sind, hatten wir über die Tourismusbehörde, die deutsche Botschaft und den saudischen Zoll versucht, eine Klärung dieser außergewöhnlichen Situation zu erwirken. Ohne Erfolg. Wir haben nie Antworten erhalten. Wir nahmen also das Risiko bewusst in Kauf als wir das Land verließen. Besser angefühlt hat es sich deshalb noch lange nicht.

Die Rückholaktion beginnt

Nachdem die Entscheidung gefallen war, die Reise nicht fortzusetzen und wir im Februar 2021 wieder eine eigene Wohnung bezogen hatten, begannen wir die Möglichkeiten zu erforschen, unser Fahrzeug nach Hause zu holen:

Optionen für den Rücktransport

  1. Verschiffen ab Jeddah, wo es in einer Halle untergestellt war.
    • Per RoRo (= Roll on Roll off). Dabei bleiben die Schlüssel im Zündschloss stecken und das Fahrzeug wird von Hafen- und Reedereimitarbeitern an und von Bord gefahren. Es besteht eine nicht unerhebliche Gefahr, dass Gegenstände aus dem Fahrzeug entwendet werden oder dass Beschädigungen entstehen. Mit jedem Hafen, den das Schiff vor dem Zielhafen anläuft, wächst die Gefahr eines Diebstahls, da dann zusätzlich zur Besatzung auch Hafenpersonal auf das Schiff kommt, um beim Be- und Entladen der Fahrzeuge zu helfen.
    • In einem Container, entweder allein in einem 20-Fuß Container oder in einem 40-Fuß Container gemeinsam mit dem Fahrzeug unserer Freunde Dani und Diddi, welches neben unserem parkt. Die deutliche sicherere, leider auch teurere Variante.

      Kurzer Exkurs Containergrößen
      20-Fuß Container sind die Standardcontainer, die man überall sieht. 40-Fuß Container sind doppelt so lang. Beide haben eine Einfahrtshöhe von 2,27 Metern – zu niedrig für unsere Fahrzeuge. Unser Ranger ist 2,36 Meter hoch, Danis und Diddis Fahrzeug ähnlich. Wir können durch Luftablassen der Reifen bis zum untersten Limit gerade so 2,27 Meter erreichen – durch zusätzliches Abmontieren des Solarpanels auf dem Dach auf jeden Fall. Beim Einfahren in den Container muss dann aber mit so viel Vorsicht und Bedacht vorgegangen werden, dass wir diese Aktion niemandem anvertrauen wollen, ohne dass wir mit dabei sind. Also benötigen wir die selteneren und teureren High Cube (HC) Container, deren Türöffnung 2,58 m hoch ist. Als 40-Fuß HC gibt es sie verhältnismäßig häufig. 20-Fuß HC Container sind selten und entsprechend deutlich teurer.

  2. Ins Land fliegen und zurückfahren.
    • Die Strecke, die wir gekommen waren über Jordanien nach Israel und von dort aus per Frachtschiff nach Italien oder Griechenland.
    • In die Vereinigten Arabischen Emirate, von dort per Fähre in den Iran und anschließend über die Türkei zurück in die EU.
    • In die Vereinigten Arabischen Emirate und per Frachtschiff direkt nach Bremerhaven.
    • Der Landweg über Libanon und Syrien oder über den Irak in die Türkei scheidet leider aus Sicherheits- und organisatorischen Gründen aus.

Eine Einreise nach Saudi-Arabien ist wegen der weiterhin geschlossen Grenzen nicht möglich. Da die Fahrzeuge in Jeddah stehen, scheint das Verschiffen von dort für den Moment die einzige Variante zu sein, die uns bleibt. Wir hatten noch in Saudi-Arabien Kontakt zu einem deutschen Verschiffungsagenten erhalten, der in Jeddah lebt. Innerhalb kurzer Zeit bekommen wir von ihm ein Angebot zu einem noch vernünftigen Preis für eine RoRo-Verschiffung.

Preisexplosion

Durch Corona sind die Preise in der internationalen Cargo-Schifffahrt explodiert. Preissteigerungen von bis zu 400% werden notiert. Die Reedereien scheinen trotz langer Staus der Schiffe vor geschlossenen chinesischen Häfen zu den Gewinnern der Pandemie zu gehören. Maersk beispielsweise verzeichnete 2020 ein Umsatzplus von 2,2% und eine Steigerung des operativen Gewinns um 44% auf 8,2 Milliarden US-Dollar.

Hilfe vor Ort

Über andere Reisefreunde erhalten wir Kontakt zu einem weiteren Deutschen, der seit einigen Jahren in Saudi-Arabien lebt und arbeitet. Er hilft uns enorm und bereitet die Fahrzeuge bestmöglich für die RoRo-Verschiffung vor. In unserem Fall kommen alle Gegenstände aus der Fahrerkabine nach hinten in die Wohnkabine. Das klingt leichter als es tatsächlich ist. In dem Regal auf der Rückbank der Extracab stehen eine 38 Liter Kühlbox und diverse schwere Kisten mit Werkzeug, Bergematerial und Ersatzteilen. Alles muss hinten sicher verstaut werden, um auch bei stürmischer See keinen Schaden anzurichten. Weil sein Vertrag demnächst enden und er nach Deutschland zurückkommen wird, packt er jeden verfügbaren Zentimeter im Auto voll mit privaten Dingen, die er gerne behalten möchte.

Der Schlüssel für die Wohnkabine muss für die Zollinspektion, die stattfindet, bevor das Auto an Bord des Schiffes gefahren wird, noch griffbereit bleiben. Danach allerdings darf er keinesfalls mit ins Fahrzeug, um ein einfaches Öffnen der Kabine zu verhindern. Erst am Ankunftshafen muss wieder ein Schlüssel für die dortige Zollinspektion verfügbar sein, da ansonsten das Auto aufgebrochen wird.

Die größte Hürde: der saudische Zoll

Auch wenn wir uns mit der Option der RoRo-Verschiffung nicht besonders wohlfühlen, die Autos sind jetzt so gut es geht darauf vorbereitet. Eine Verschiffung im Container bietet uns der Agent nicht an. Mit dem Argument, dass eine gemeinsame Verschiffung beider Fahrzeuge in einem 40-Fuß High Cube Container vom saudischen Zoll nicht zugelassen wird und ein Container je Fahrzeug zu teuer wird. Anscheinend erlaubt der saudische Zoll keine gemeinsame Fracht mehrerer Besitzer in einem Container. Eigentlich ein weltweit übliches Vorgehen bei der Verschiffung von Fahrzeugen.

FCL / LCL

Es gibt beim Containertransport verschiedene Verfahren. FCL steht für Full Container Load. Dabei gehört der gesamte Inhalt eines Containers einem Besitzer. Im Gegensatz dazu LCL, das Less Than Full Container Load bedeutet, auf Deutsch also eine Beiladung bezeichnet. Hierbei teilen sich mindestens zwei Besitzer den Platz in einem Container für ihre Waren. Das führt zu komplexeren Zollverfahren, ist aber durch die geteilten Kosten deutlich günstiger. Und genau das möchte uns der saudische Zoll nicht erlauben.

Also verfolgen wir erst einmal trotz Bauchschmerzen eine RoRo-Verschiffung. Die nächste Schwierigkeit: die Fahrzeuge müssen durch die Zollprüfung und außer Landes gebracht werden, ohne, dass wir als Besitzer dabei sind. Unser Agent verlangt Kopien sämtlicher Papiere, die wir haben: Zulassungsbescheinigungen, Fotos der Fahrzeugkennzeichen, Visa, Führerscheine, Pässe mit Ein- und Ausreisestempel, Carnet de Passage.

Kurzer Exkurs Carnet de Passage
Wie erklärt, darf ein Fahrzeug immer nur für einige Monate in ein Land gebracht werden, in dem es nicht zugelassen ist. Das Carnet de Passage ist ein Zolldokument für ein Fahrzeug, um die Ein- und Ausfuhr belegen zu können. Dafür wird es bei der Ein- und Ausreise abgestempelt. Der Zoll kontrolliert dabei jeweils die Fahrzeugidentifikationsnummer und eventuell auch die Motornummer, um zu prüfen, ob das Fahrzeug unverändert das Land wieder verlässt.

Das Carnet de Passage wird vom ADAC mit einer Gültigkeitsdauer von einem Jahr ausgestellt. Je nach Reiseziel und Fahrzeugwert muss dafür eine Kaution zwischen 2.500 und 60.000 Euro hinterlegt werden, die nach der Rückkehr des Fahrzeugs in die EU und anschließender Rückgabe des Carnets erstattet wird. Ist man länger unterwegs, muss ein Anschluss-Carnet beantragt werden. Wird ein Fahrzeug in einem Land zwar ein- aber nicht ausgestempelt, dann wendet sich der Zoll des betreffenden Landes an den ADAC und fordert die Import-Zollgebühren. Dafür wird die Kaution verwendet. Häufig reicht die hinterlegte Summe allerdings nicht aus und der ADAC wird beim Besitzer des Carnets eine entsprechende Nachforderung geltend machen.

Nicht alle Länder haben sich dem Carnet-Verfahren angeschlossen. Sie haben dann meist ein eigenes System, in dem Fahrzeuge bei der Ein- und Ausreise erfasst werden. So auch Saudi-Arabien. Wir waren zwar im Besitz eines Carnet de Passage, hatten es aber noch nicht benötigt und es ist ungestempelt geblieben. Es ist im Januar 2021 abgelaufen. Wir hatten es zur Sicherheit nicht zurückgegeben, weil wir wussten, dass es absurderweise bei einer Verschiffung des Fahrzeugs verlangt werden könnte, obwohl es bei der Einreise nicht abgestempelt wurde. Eventuell, so hieß es, gebe sich der Zoll auch mit der Kopie des abgelaufenen Dokuments zufrieden. Und falls nicht könnten wir noch schnell ein Anschluss-Carnet vom ADAC besorgen.


Die Verschiffung naht

Alle Dokumente liegen den Saudis vor und der Tag, an dem die Fahrzeuge zum Hafen sollen, rückt näher. Plötzlich schreibt unser Agent etwas Besorgniserregendes: „Ich kann Ihnen nicht garantieren, dass mein Mann vom Zoll Dienst haben wird. Eventuell klappt die Verschiffung nicht zu diesem Termin und wir müssen auf das nächste Schiff warten.“

Klingt nach Bestechung. Und noch dazu nach keiner geschickten, wenn der Erfolg nicht mal gesichert ist. Hinzu kommt unser schlechtes Gefühl bei der RoRo-Verschiffung. Das wird zu viel. Wir sagen ab. Erst deutlich später bekommen wir heraus, dass es auf der Route, die unsere Fahrzeuge hätten nehmen sollen, entgegen der Aussage des Agenten anscheinend doch einen Schiffswechsel gegeben hätte. Wegen des dadurch erheblich größeren Risikos ein No-Go für uns.

Die Autos, die unser deutscher Helfer zu sich geholt hatte, bringt er wieder in die Garage, in der sie die Monate zuvor untergestellt waren. Wir stehen tief in der Schuld der saudischen Familie, die so großzügig den Platz in ihrer privaten Halle angeboten hat, ohne, dass wir uns je persönlich getroffen haben. Der Kontakt war über eine Facebook Gruppe entstanden.

Zurück auf null und ein neuer Anlauf

Bereits bevor wir die RoRo-Verschiffung abgesagt haben, waren wir mit einer anderen Verschiffungsagentur mit Büros in Deutschland und Dubai in Kontakt getreten, um uns nach ihren Möglichkeiten zu erkundigen. Pangaea Cargo ist auf internationale Fahrzeugtransporte spezialisiert, insbesondere von und nach Australien, den USA, Thailand und den Golfstaaten. Leider mit Ausnahme von Saudi-Arabien, weshalb die Abstimmung über einen lokalen Partner, Nucaf Logistics, läuft. Nucaf organisiert alles rund um die Verschiffung in Jeddah, Pangaea Cargo übernimmt die Formalitäten im Ankunftshafen. Der Preis, den wir für die Containerverschiffung genannt bekommen, ist überraschend attraktiv im Vergleich zum zuvor veranschlagten Preis für die RoRo-Verschiffung. Jedoch ist das erste, was wir von Nucaf hören:

  • Eine gemeinsame Verschiffung von zwei Fahrzeugen in einem Container ist nicht möglich.
  • Um die Fahrzeuge regulär durch den Zoll zu bekommen, benötigen sie eine „Broker Authorization“, also eine Zollvollmacht der Fahrzeugbesitzer, die es ihnen ermöglicht, in unserem Namen zu handeln. 

Für die Vollmacht legt Nucaf je Fahrzeugbesitzer ein Konto im elektronischen System „Fasah“ des saudischen Zolls an. Sobald der Account aktiviert wurde, kann Nucaf uns in allen Zollangelegenheiten vertreten. Der Haken: die Zollbehörde besteht darauf, dass wir für die Aktivierung persönlich vor Ort in Saudi-Arabien sein müssen.

Wäre eine Reise nach Saudi-Arabien möglich, dann bräuchten wir keine Vollmacht. Das sieht auch unser Ansprechpartner bei Nucaf so und schlägt vor, dass eine saudische Botschaft in Deutschland die Freischaltung vornehmen könnte.

Saudische Botschaften und Zollfragen

Es gibt in Frankfurt das saudische Generalkonsulat und in Berlin eine Botschaft. Das Generalkonsulat blockt bei unserem Anruf sofort und hört sich den Fall gar nicht richtig an. Ihre Aussage: besorgen Sie sich eine internationale, notariell beglaubigte Vollmacht!

Mal von den Kosten abgesehen ist gar nicht abzusehen, ob der saudische Zoll damit etwas anfangen kann oder möchte. Immerhin sind die Botschaftsmitarbeiter in Berlin deutlich hilfsbereiter. Sie haben zwar ebenfalls verständlicherweise keine Ahnung, was das Fasah-System des saudischen Zoll überhaupt ist und was sie tun können oder sollen, willigen aber immerhin in ein Gespräch mit dem Agenten von Nucaf ein.

Wir senden also die Kontaktinformationen der Botschaft nach Saudi-Arabien und hoffen, dass sich daraus etwas Positives entwickeln wird. Keine Antwort, nur Schweigen. Mittlerweile ist Ramadan und in Saudi-Arabien geht nichts mehr oder nur noch sehr, sehr langsam.

Dann erhalten wir eine E-Mail von Nucaf mit einer weiteren Erklärung, dass die Accounts in dem Fasah-System aktiviert werden müssten aber ohne nähere Erläuterung, was dieses System eigentlich ist. Wir sollten diese Informationen an die Botschaft weiterleiten. Na gut, wir glauben nicht, dass es helfen wird, kommen der Aufforderung aber natürlich nach.

Wie erwartet und völlig zurecht fragt der Botschaftsmitarbeiter auch nach der weiteren Erklärung per E-Mail nach einem persönlichen Gespräch mit unserem Agenten. Wir bitten ihn erneut darum und hören wochenlang nichts mehr.

Eskalation

Mittlerweile ist es fast Ende Mai 2021. Seit knapp vier Monaten versuchen wir, unser Auto aus dem Land zu holen und sind keinen Schritt weitergekommen. Langsam, aber sicher haben wir das Gefühl, dass auf offiziellem Weg und ohne einflussreiche Hilfe nichts vorwärts gehen wird. Also beginnen wir, uns umzuhören, ob jemand jemanden kennt, der jemanden kennt.

Über mein berufliches Netzwerk komme ich immerhin so weit, dass mir jemand vor Covid-19 hätte helfen können. Er ist in Saudi-Arabien für die Zollangelegenheiten eines internationalen Großkonzerns zuständig. Leider ist nun seine Aussage, dass im Zuge der Pandemie seine Möglichkeiten und Befugnisse durch die Saudis stark eingeschränkt wurden und er leider nicht mehr helfen könne.

Parallel erhalte ich vom ADAC in einem Telefonat bezüglich unseres Carnets die Information, dass es ein anderer Carnet-Inhaber kürzlich geschafft hätte, sein Wohnmobil aus Saudi-Arabien nach Deutschland zu verschiffen, ohne selbst vor Ort gewesen zu sein. Das ist hochinteressant. Aus Datenschutzgründen dürfen leider keine weiteren Informationen herausgegeben werden – weder erfahren wir, wer es war und wie genau sie es geschafft haben, noch können unsere Kontaktdaten weitergereicht werden.

Wir suchen die Person über alle Kontakte, die wir haben: Facebook Gruppen von Overlandern im Mittleren Osten, eine WhatsApp Gruppe, über die wir mit etwa 15 anderen Reisenden verbunden sind, die alle unser Schicksal teilen und Fahrzeuge in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien oder dem Oman stehen haben. Ohne Erfolg – die Wohnmobilisten lassen sich nicht auftreiben.

Wir setzen unsere Hoffnungen auf Elisabeth, eine Reisefreundin, mit der wir unsere letzten Wochen in Saudi-Arabien gemeinsam in der Sommerresidenz verbracht haben (siehe COVID-19: Auf unbestimmte Zeit in Saudi-Arabien). Im Gegensatz zu uns ist sie im Land geblieben. Über ein Jahr war sie vor Ort, bevor sie ausreisen konnte. In der langen Zeit hat sie viele Saudis kennengelernt, unter anderem einige sehr einflussreiche Persönlichkeiten. Wir schildern ihr unsere Situation und erklären, dass der saudische Zoll nur die Accounts in ihrem System aktivieren müsste, damit der lokale Agent in unserem Namen die Autos durch den Zoll und auf ein Schiff bringen kann.

Der Durchbruch 1

Elisabeth verspricht, sich zu erkundigen. Sofortige Antwort eines ihrer Kontakte: „Ich mache mal ein paar Telefonate und melde mich.“ 30 Minuten später erhalten wie die nächste Nachricht: „Gebt mir bitte die Telefonnummer des Verschiffungsagenten. Außerdem benötige ich die Namen der Autobesitzer und die Typenbezeichnungen der Autos.“

Natürlich erfüllen wir ihm seinen Wunsch augenblicklich. Direkt im Anschluss schreibe ich eine E-Mail an unseren Agenten in Saudi-Arabien, um ihn über den bevorstehenden Anruf zu informieren. Fünf Minuten später kommt seine Antwort: „Ja, er hat schon angerufen. Ich habe ihm alles erklärt und wir versuchen weiter, die Situation zu lösen.“

Ein Tag später, eine weitere Mail unseres Agenten: „Ich war heute beim Zoll mit euren Passkopien und ich weiß nicht warum, aber sie haben ohne zu murren den Account aktiviert.“

Damit haben wir einen wesentlichen Schritt geschafft: die Zollvollmacht ist aktiv. Jetzt sollte alles schnell gehen – denken wir. Ob wir damit Recht behalten sollten, liest du in Teil 2 der Rettungsaktion Ramon.

über

Oli liebt Reisen, ferne Länder und feines Essen. Liebste Erinnerung: die unglaublichen Landschaften der Salar de Uyuni in Bolivien und unsere Zeit auf dem Pamir Highway in Tadschikistan.

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